Archiv für Oktober 2008

In Neukölln zum Arzt?

Sonntag, 12. Oktober 2008

Gar nicht so einfach. Wenn man hier jemanden nach einem guten – sagen wir: HNO-Arzt – fragt, gibt es oft erst einmal ein ratloses Achselzucken. Fahr doch rüber nach Charlottenburg, da kenn ich einen! Oder im Prenzlberg! Das ist mir aber zu lästig, mal eben. Müde nach der Arbeit. Also gehe ich gar nicht und schleppe mich mit Ohrensausen in den nächsten Tag. Vergeht ja eh wieder, was solls.
Da ist es dann besonders erfreulich, wenn ich Samstagmittag die Karl-Marx-Straße entlangzuckle und mir plötzlich ein Schild auffällt: HNO. Auch samstags Sprechstunde. Mensch! Samstags!!!
Spontan gehe ich die Treppe hoch, die Ohren wollen es ja auch, es ist erst halb zwölf und fragen kostet ja nichts.
Wow. Oben bin ich in einer anderen Welt. Bilder von arabischen Stränden, freundliche Sprechstundenhilfen im Kopftuch, leise, muselmanisch anmutende Musik und fremdartige Schriftzüge an den Wänden lassen mich an Urlaub und 1001 Nacht denken. Ich darf warten. Die anderen Patienten, nur einer offensichtlich deutsch und in typisch Neuköllner Trainingshose und mit hilflosem Blick zu mir, fühlen sich hier offensichtlich ganz heimisch und sprechen arabisch mit den helfenden Geistern. Deren Deutsch ist übrigens perfekt, eindeutig sind sie in Deutschland geboren. Ein bisschen verwundert mich der Unterschied zu mir vertrauten HNO-Praxen: Wo sind die ganzen Schnupfennasen? Nur einer prustet übel vor sich hin. Dreie, davon eine ganz junge Frau mit ihren Eltern, haben andere Probleme: Sie haben blutige, zerschlagene Nasen. Wo gibts denn so was? In Neukölln natürlich.
Man beachtet sich gegenseitig nicht so genau. Der Arzt ist dann ganz reizend, er kommt aus Palästina, wow, und ich kriege sogar einen Hörtest und eine feine Medizin. Mir gehts gleich besser.
Von nun an weiß ich, wo ich zumindest einen Arzt für meine Nase finden kann! Aber könnte uns bitte noch jemand einen guten Augenarzt empfehlen? Mein Kroate ist weggezogen. Vielleicht wollte er eine deutschere Kundschaft?