Archiv für Mai 2013

Die Sache mit dem Ball

Samstag, 25. Mai 2013

Als ich zwölf war, erlebte ich zum ersten Mal, wie die Welt mir gehören konnte. Ich ging durch die Straßen und war allein. Alle waren in ihren Häusern. Vereinzelt waren Schreie zu hören. Es war gespenstisch und auch schön. Das war der 7. Juli 1974 und Deutschland wurde Weltmeister. Seitdem halte ich es immer so: Wenn die spielen, habe ich frei. Nur schade, dass die Sache von Jahr zu Jahr lauter wird. Ich muss meinen armen Hund beruhigen und die Böller und Raketen ignorieren. Irrsinnige Autofahrer, die nachts hupend durch die Stadt fahren, betrunkene Fans, die grölend Fenster einwerfen und seltsame Gesänge anstimmen, Bierflaschen, die an Hauswände geworfen werden, Gewalt, Geschrei und ein neues Nationalgefühl, das mir völlig fremd ist … all das trägt nicht dazu bei, mir dieses Spiel schmackhaft zu machen. Einmal habe ich es ja versucht! Da sind wir zu einem „Public Viewing“ mit Riesenleinwand und langen Bänken gegangen, Sohn und Mutter, beide duckten wir uns entsetzt, als es losging und dann auch noch Tore fielen und alle aufsprangen und schrien … nie wieder. In der Halbzeit haben wir die Flucht ergriffen. Heute Abend werde ich mich in meiner sicheren Höhle verkriechen, bis der Spuk wieder vorbei ist. Nur schade, dass ich nicht für irgendwelche Engländer oder Italiener hoffen kann …

Männertag? Herrentag? Nein danke!

Freitag, 10. Mai 2013

Einmal im Jahr müssen sie es wohl rauslassen. Die geballte Männlichkeit. Dann ziehen sie ihre Wägelchen mit Bierkästen durch die Natur, frauenlos natürlich, sitzen im Grünen, grillen an allen verbotenen Plätzen (erlaubt ist was für Weicheier) und lassen sich volllaufen. Toll. Bis spät in der Nacht ertönen dann eigenartige Männergesänge auf der Straße und ich frage mich, wo sich diese Sehnsüchte das ganze Jahr über verstecken. Verstehen werde ich das sicher nie.