Okay, ich habs versucht. Niemand kann behaupten, ich hätte es nicht versucht! Ich habe schrulligen alten Damen meinen Platz angeboten (wollten sie nicht), irren Fahrradfahrern den Weg gezeigt (wollten sie auch nicht) und sogar ein Auto vorgelassen, als nichts mehr half! Aber jetzt habe ich genug. Die Stadt spinnt. Oder ich?
Morgens, mal wieder in der S-Bahn. Ich ignoriere die stundenlange Warterei auch noch auf den Schienen. Wird schon seinen höheren Grund haben. Ich ertrage die Musik aus dem Handy der beiden Fünfzehnjährigen neben mir, das sie sich für ein Spiel hin und her reichen, ich halte lange aus, ich bin stark und starre eben aus dem Fenster, anstatt mich von meinem Krimi mitreißen zu lassen … als aber auch noch dieser auf jugendlich getrimmte Glatzkopf seinen Walkman auf Spitzenleistung dreht, drehe ich durch. Erst die Mädchen höflich zur Ruhe gebracht. Dann den Typ angepflaumt. Er stieg dann aus. Und meine Stimmung stieg.
Klar, dass ich heute nicht wirklich pünktlich zur Arbeit komme. Die Welt spinnt sowieso, ist auch egal. Noch kein Schüler da, alle zu spät. Einzelheiten vom Vormittag erspare ich euch lieber.
Stunden später, die müde Heimkehrerin in der immer noch irren S-Bahn. Ansagen stimmen nicht, ich steige zu spät aus, muss zurückfahren, plötzlich gähnende Leere in der Ringbahn, kann das denn sein, aha, die Fahrgäste lassen sich von den falschen Ansagen abschrecken! Auch recht. Nieselregen, Sturmwind, zurückgekehrte Kälte auf dem letzten Heimweg. Ich schleiche finster die Karl-Marx-Straße entlang. Scharen von Menschen stehen da, die auf einen wohl nie kommenden Bus warten. Autos, die so den Weg blockieren, dass sie wirklich von Glück sagen, dass sie keine geheimnisvolle Beule oder Kratzer kriegen. Wenn meine mentalen Fähigkeiten ausgereicht hätten, ja dann … es ist kalt. Es ist grässlich und ich beschließe, nieee wieder aus dem Haus zu gehen!
Na ja, vielleicht morgen wieder. Heute aber nicht. Es sei denn, das Brot reicht nicht.