Archiv für August 2007

Kürzestroman: Eine Ewigkeit

Sonntag, 26. August 2007

Sie stand wie so oft am Fenster, als sie ihn plötzlich die Straße heraufkommen sah. Er hatte sich kaum verändert, ein wenig schwerfälliger vielleicht. Aber er war es! Wollte er sie wirklich noch einmal besuchen, ihr alles erklären, alles ungeschehen machen? Sie schluckte und merkte, dass der Knoten in ihrem Hals nicht weichen wollte. Es tat weh, immer noch. Was sollte sie denn zu ihm sagen nach all den schweigsamen Tränen?
Einen Tee würde sie ihm anbieten, ja, der brachte Normalität; und sie würden über den Alltag reden, bis sie wieder frei atmen könnte. Und dann würde er sie in ihre Arme nehmen und alles wäre wieder gut. Wieder gut? Wie sollte das gehen? Sie hielt die Luft an. Warum klingelte er denn nicht? Hatte ihn schon wieder die Angst gepackt? Eine Ewigkeit verging und all die Bilder tauchten wieder vor ihrem geistigen Auge auf. Dann sah sie ihn. Er ging wieder die schmale Straße hinunter, doch diesmal war sein Gang der eines alten Menschen.

Sie nahm sich von dem Tee und hielt die warme Tasse mit beiden Händen fest. Nie wieder. Dann lächelte sie erleichtert.

Kürzestroman: Ein Augenblick

Sonntag, 26. August 2007

Er stand ziemlich schwer atmend vor ihrem Haus und musste warten, bis sich sein Herzschlag wieder normalisiert hatte – der Aufstieg war mühsamer gewesen als früher. Dann starrte er die Namenschilder an der Haustür an. Ihr Name. Es würde ganz einfach sein, er musste nur klingeln, hey, ach du bists, öh ja, ich wollte nur einen Augenblick, aber klar, komm rein. Sie würde ihm womöglich eine Tasse Tee anbieten; ihm dabei vielleicht unsichere Blicke zuwerfen. Er könnte noch einmal am Küchenfenster stehen und den Ausblick auf die roten Dächer und den See genießen. Sie würden über Belangloses reden, während er sie in Gedanken schon an sich zog, sie küsste und alles vergessen war. Er könnte es tun. Sie würde wieder lachen und ihre Hände auf seine Schultern legen wie früher. Das würde sie. Vielleicht.
Er warf noch einen Blick auf die Namenschilder und wandte sich dann wieder der Straße zu. Nein. Kein Abschied, kein Wiedersehen; keine Träume mehr. Wer hatte das immer zu ihm gesagt? Nur allein bist du stark. Er ging.

Ihm wurde kalt.

Kürzestroman: Gefangen

Sonntag, 19. August 2007

Sie starrte ihre Fesseln an und wusste in diesem Moment, dass sie die Hoffnung aufgegeben hatte. Von nun an würde sie nicht mehr schreien oder um Hilfe flehen, sondern die Augen schließen und auf das Ende warten.
Die plötzliche Stille verwirrte ihn. All die Tage hatten an seinen Nerven gezehrt und immer wieder hatte er die verdammte Waffe in die Hand genommen und sich die Ruhe vorgestellt, die danach einkehren würde. Aber warum schrie sie jetzt nicht mehr, was war los?
Er blickte hinunter in die Grube.

Ihr fiel ein Lied ein, das vor langer Zeit ihre Großmutter gesungen hatte, so nebenbei beim Kochen oder Aufräumen. Die Melodie, ganz leise gesummt, veränderte ihr dunkles Gefängnis mit einem Schlag.
Er hörte Töne, ganz leise, traurige. Und plötzlich war er müde von all dem. Er wollte das nicht mehr. Schob vorsichtig die Leiter nach unten.
Sie sah in dem Moment die Sprossen, als sie endgültig aufgeben wollte. Zitternd stand sie auf.

Vorüberlegungen zu einem langen, spannenden Roman

Sonntag, 19. August 2007

Nee, sowas kann ich nicht schreiben. Wenn ich zum Beispiel den „Schwarm“ in Händen halte, bin ich tief beeindruckt. Meine Güte, was muss er lange daran gesessen haben! All die Nebenstränge, die wissenschaftlichen Einwürfe, die komplizierten Vorgänge, und zwischendurch auch noch Spannung und Liebe! Uff.

Wie wäre es also mal wieder mit dem Kürzestroman, der das Wichtigste in wenige Zeilen quetscht und den ganzen Rest der Fantasie des Lesers überlässt? Wie beim Zappen im Fernsehen: Ich sehe im Hintergrund zerstörte Häuser und diese ganzen Einsatzwagen der Feuerwehr / Polizei, im Vordergrund sinkt sich das Paar in die Arme und die Tränen laufen ihnen über die Gesichter. Hach. Da weiß ich doch, dass sie jede Menge Stress hinter sich haben und jetzt alles gut wird. Was will ich mehr?

Na gut, die Unterhaltung der zwei Stunden davor fehlt natürlich …
Und doch gefällt mir die Idee des Romans in Miniformat: Praktisch verschenkbar, in fünf Minuten geschrieben, wiegt nur wenige Gramm, wenn überhaupt. Und jeden Tag könnte man einen zum Frühstück verschlingen.

In den Knast!

Freitag, 17. August 2007

Finden wir das gut, wenn ein Wissenschaftler festgenommen wird, weil er wissenschaftlich arbeitet und auch Texte aus Bibliotheken verwendet? Nö? Dann sollte man dagegen unterschreiben.

Zurück im Neuköllner Alltag

Donnerstag, 16. August 2007

Wahrscheinlich ist es ganz ungesund, sich dem Alltagstrott für eine Weile zu entziehen – man läuft Gefahr, gar nicht mehr zurück zu wollen! Arbeit? Muss das sein? Bahnfahrten durch Berlin? Ganz unterhaltsam, aber auch nicht der richtige Kick. Wenigstens konnte ich einer sehr farbigen, sehr schmuckbehängten freundlichen Dame den Diamantring (?) nachtragen, den sie auf ihrem Sitz hatte liegen lassen. Na immerhin eine gute Tat am Tag …

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