Andreas 40

Tage vergingen. Bei jedem ungewöhnlichen Geräusch spitzte Andreas nervös die Ohren. Tat sich etwas im Treppenhaus? Hatte man sie endlich gefunden? Das ganz große Geschrei musste er dann wohl doch verpasst haben, schade eigentlich. Aber ab und zu musste er auch arbeiten. Jedenfalls war es Dienstag; die Stadt hatte sich wieder abgekühlt und die Leute im Supermarkt sprachen von Regen. Andreas saß an seinem Schreibtisch, als es an der Tür klingelte. Er sprang auf! Wie oft hatte er sich diese Szene ausgemalt. Er ging an die Tür. „Ja, bitte?“ „Entschuldigen Sie bitte die Störung. Wir sind von der Polizei und hätten da ein paar Fragen!“ Er öffnete zögerlich und blickte fragend, mit schüchterner Unschuldsmiene, zwei uniformierten Polizeibeamten entgegen. Aha, ging es ihm durch den Kopf. Kein Kommissar oder womöglich eine Kommissarin. Wobei er fast gegrinst hätte. Aber er hatte sich gut im Griff. Überhaupt verlief das Gespräch genau so, wie er es sich ausgemalt hatte. Wann er Noemi zuletzt gesehen hatte, wollten die wissen. Ob er etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen hätte. Ob er etwas über ihren Bekanntenkreis wüsste … er spielte seine Rolle als ahnungsloser und bekümmerter Nachbar großartig. Fand er jedenfalls. Als sie gingen, hatte er fast das Gefühl, sie wollten ihn bedauern. Eine Weile noch lauschte er ihren Schritten im Treppenhaus nach. Dann ging er in die Küche. Nahm sich sein Fläschchen aus dem Kühlschrank und setzte sich dann in seinen Lieblingssessel am Fenster. Nach einem tiefen Zug aus der Flasche (!) blickte er aus dem Fenster und wusste: Dies war der Beginn eines neuen Lebens. Er lächelte.

ENDE

3 Kommentare zu “Andreas 40”

  1. jr
    Mai 6th, 2007 18:22
    1

    Siehst du, jetzt brennt bei ihm völlig die Sicherung durch. Erst ermordet er seine Nachbarin, und dann lässt er sich völlig gehen und trinkt Alster aus der Flasche. Tja, ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichs gänzlich ungeniert! Bin gespannt, was er jetzt noch anstellt: Rülpst nach dem Alster, wäscht nicht ab, lässt morgens den Wecker einfach mal klingeln…? Aber was sehe ich, der Roman ist ja schon zu ENDE!!!

  2. jr
    Mai 7th, 2007 11:47
    2

    Übrigens: Schachspielern, die ab und zu ein Bier aus der Flasche trinken, ist alles, aber auch alles zuzutrauen!

  3. Franziska
    Mai 7th, 2007 23:12
    3

    Oh ja – überhaupt der Alkohol, ganz verdächtiges Zeugs, das!
    Und mit Andreas musste ich Schluss machen, war mir zu langweilig …