Finstere Gestalten der Nacht
Es gibt Zeiten und Orte, an denen ich lieber nicht mit einer ängstlichen japanischen Reisegruppe losziehen würde. Freitagabend, acht Uhr S-Bahnhof Frankfurter Allee zum Beispiel! Das kann schon richtig furchterregend sein. Vielleicht ist es ja die wilde Mischung: eine Gruppe von riesigen, martialisch aussehenden Soldaten in Wochenendstimmung; Jugendliche in extrem kurzharigem Outfit, laut brüllend, offensichtlich im Gruppenrausch; fünfzehnjährige Mädchen, die sich so schrill herausgeputzt haben, dass ich mich wirklich frage, ob die Eltern das gesehen haben … Dazwischen alkoholumwehte abgestürzte Gestalten, erschöpfte Arbeiter auf dem Heimweg, verdreckt von harter Arbeit. In Neukölln steigen dann noch abenteuerlustige türkische Jugendliche ein, die kurz vorher offensichtlich in Parfüm gebadet haben und jetzt zu allem bereit sind. Was für ein Duftgemisch!
Ich halte mich im Hintergrund und bin froh, endlich in meinen vier Wänden verschwinden zu dürfen. Am nächsten Morgen: Alle sind verschwunden, der Spuk ist vorbei! Eine strahlende Dezembersonne bescheint eine friedliche Stadt. Na so was.
Dezember 14th, 2006 12:31
Ich hatte in der Naehe von Frankfurter Allee gewohnt. Damals hatte ick ooch jene Angst gehabt, die Sie gespürt haben. Ick weiss aber nicht woran das eigentlich liegt.
Dezember 17th, 2006 23:08
Das liegt an den Verrückten, die manchmal unterwegs sind, lieber Goekhan!
(Aber manchmal gehts auch anders: Neulich hat eine russische Dichterin, die mit einem Afrikaner in Lichtenberg spazieren ging, die Neonazis verhauen, die die beiden angriffen. Denn sie war im Nahkampf ausgebildet, als Soldatin in Russland. Das hätten die Deutschen sich wohl nicht träumen lassen. Allerdings musste die Frau dann schnell das Land verlassen, weil die Polizei sie suchte: Die Schläger sind im Krankenhaus gelandet …)