Das Böse. Es lauert auch vor deiner Tür!
Nehmen wir zum Beispiel Herrn M.. Im Alltag ist er ein recht vernünftiger Mensch, hält auch mal einer alten Dame die Kaufhaustür auf und greift manchmal zur Biomilch. Steigt er aber in sein Gefährt, so mutiert er augenblicklich. Der Anblick einer Fußgängerin mit Kind am Straßenrand veranlasst ihn an regnerischen Tagen, mal so richtig mit Schmackes durch die Pfütze zu fahren und denen zu zeigen, was ein Auto so alles kann! Während Mutter und Kind den Rest des Weges damit beschäftigt sind, sich fluchend den Dreck aus Augen, Mund und Ohren zu wischen und sich zu Hause erst einmal komplett duschen und umziehen müssen, geht er wohlig seinen Gedanken über Macht und Ohnmacht im deutschen Straßenalltag nach.
Auch die Tempo-30-Zone liefert ihm immer wieder Glücksgefühle: Gerade bei Pflasterstein kann man so richtig donnernd durch die Wohngegend brettern, man ist ja kein Weichei. Und den Fußgänger da vorne könnte er unter Umständen auch noch erwischen!
Das Abbiegen ist grundsätzlich dazu da, den Fußgängern zu zeigen, dass sie nur Menschen zweiter Klasse sind. Auch wenn sie gerade grünes Licht haben – gilt nicht überall das Recht des Stärkeren, und hat das Auto nicht auch Grün? Also Platz da!
Neulich hätte Herr M. fast den Muttertag vergessen. Er beschloss dann spontan und in einem Akt der Mutterliebe, die alte Dame mit an Bord zu nehmen und gemeinsam mit ihr ins Grüne zu fahren, Wald und frische Luft würden sie das Pflegeheim für einige Stunden vergessen lassen. Und was gibt es Schöneres, als der Landluft noch eine kräftige Abgasnote zu verleihen? Leider musste sich seine Mutter mehrmals während der Fahrt übergeben. Herr M. steigt nun nicht mehr ganz so frohen Mutes in seinen vierrädrigen Egoverstärker.