Vordrängeln
Neulich im Rathaus Neukölln: Ein paar Leutchen warten bei der Info; dort bekommt man einen fertigen Ausweis oder muss ein Papier holen. Geht eigentlich recht zügig. Ich stehe in der Schlange, hinter mir auch einige, ein unrasierter Türke gesellt sich dazu und fragt gleich höflich, wer denn der Letzte ist. Stellt sich dann brav dahinter. So sieht ein schönes Miteinander aus, alle sind gleich und gleich friedlich! Ich bin dran, gehe in das Büro, bespreche am Schalter mein Anliegen. Da kommt plötzlich eine ältere Frau reingeplatzt, Deutsche. Ja, sie müsse nur schnell ihre Lohnsteuerkarte abgeben … Diskussion mit der Sachbearbeiterin, die mich nicht mehr beachtet, sie solle sich doch draußen anstellen wie alle anderen, nein, das geht doch ganz schnell, aber das stimme doch nicht mit der Karte, Moment mal, aber ich … blabla. Ich verlasse den Raum unbeachtet, aber mit einem neuen Ausweis, immerhin. Draußen die Wut der anderen. „So muss man’s machen“, knurrt der vorher so sanfte Türke. Alle sind seiner Meinung und starren durch die Glastür auf die Frau, die noch einige Zeit in heftige Diskussion verstrickt ist. Bis sie endlich rauskommt. Hass auf allen Gesichtern. Ich träume: Wir bilden einen Ring und lassen sie nicht durch, bis sie sich unter Tränen für ihr unverschämtes Verhalten entschuldigt. Bitte, ich werde es nie wieder tun, es tut mir leid!!
Die Wirklichkeit: Sie wird von Blicken, auch meinen, durchbohrt, aber keiner sagt was und sie macht sich schleunigst aus dem Staub. Scheint ihr etwas peinlich zu sein!
So ist das, wenn jemand die kleine, harmlose Ordnung stört. Plötzlich sind alle unzufrieden und gereizt und ärgern sich am Ende, nichts gesagt zu haben.
Ich auch.