Andreas 37

Natürlich hatte er sich erkältet, wie fast alle. Und natürlich saß Andreas an diesem Abend an seinem Küchentisch, verdrießlich mit einer Tasse Husten- und Bronchialtee vor sich. Wie sah das denn aus? Kein Mensch hatte je etwas von einem stark erkälteten Täter gehört! Und doch wollte er zur Tat schreiten, oh ja, ganz bestimmt. Dumm nur, dass er sich so jämmerlich fühlte; zu schlapp sogar, seine Nachbarin auch nur kurz zu besuchen und um irgendwelche Vitamine anzuschnorren, geschweige denn mehr zu unternehmen. Obwohl die Plänkelei neulich im Park durchaus ermutigend gewesen war. In seinen Augen zumindest. Dass sie sich nicht im mindesten für ihn interessierte, darüber machte er sich keine Gedanken. Und was war inzwischen mit Nina los?

Sie hörte leise Schritte auf dem Kies. Und nicht nur das – auch im Gebüsch war Flüstern zu hören, ein Knacken, Gesprächsfetzen sogar. Was war da los? Ihre ganze meditative Ruhe war mit einem Schlag dahin. Wurde sie womöglich überwacht? Die japanische Gartenanlage hatte sich plötzlich in eine Falle für sie verwandelt. Nein, nicht für sie: es galt ja ihm. Sollte sie ihn warnen?
Die Schritte näherten sich ihr. Sicher, ohne Zögern trat er schließlich hinter sie. Nina wusste, dass sich jetzt zeigen würde, ob er sie bestrafen oder befreien würde, und ihr wurde kalt. Sie drehte sich um.

Halsschmerzen, Kopfschmerzen, ja sogar Zahnschmerzen und Husten … die ganze Palette! Und seine gesamte Klasse hatte ihm am Morgen entgegengehustet, na toll. Wahrscheinlich waren vier freie Tage und eine Kurzreise in den Westen einfach nicht das Richtige: Durcharbeiten, weitermachen fast bis zum Umfallen, da wurde er nie krank! Außerdem hatte ihm die Reise keinen Spaß gemacht: Lästige Kinder im Zug, die sein Murren einfach ignorierten und butterbeschmierte Bretzeln auf seinen Unterlagen verteilten. Plauderfreudige Mütter, die sich über ihn lustig zu machen schienen. Und eine Eiseskälte aus der Klimaanlage, die seinem schnupfengemarterten Körper den Rest gegeben hatte! Am Reiseziel dann ein „Seniorenheim“ mit sanft säuselnden Pflegerinnen und einer verwirrten Mutter, was er liebend gerne mit einer Klassenfahrt nach Hoierswerda eingetauscht hätte – sogar mit Marvin und Omar. Was an sich die Hölle war.
An diesem kühlen Maiabend ging er schon um neun zu Bett. Sein Werk musste warten … zuvor Kamillendämpfe inhalieren und Japanöl um die Nase. Im Bad glotzten ihm rote, tränendende Augen aus einem entstellten Gesicht entgegen. War er das?

2 Kommentare zu “Andreas 37”

  1. SuMuze
    Mai 4th, 2007 21:18
    1

    Mensch, geht das hin und her!
    Erst will er es (?) tun, dann muß er passen (entschuldigt wg. krank), und nun auch noch diese so grundlegende, aber natürlich jede Handlung wieder auf Eis legende Frage: war er das?
    Ja, werwarer, werister, woherkommter, wohingehter? Wohin geht’s denn nun mit unserm Rächer mit dem Rucksack?
    Schon sehr gespannt schauen meine roten, tränenden Augen (Mist Pollen) in die Zukunft resp. auf die nächste Folge…

  2. Franziska
    Mai 4th, 2007 22:41
    2

    Ja, ist schon grauenhaft, der Kerl. Muss wohl bald Schluss machen mit Andreas …