Tony 8

Lästig ist, wenn man die Frauen erst bitten muss zu gehen. Gab heute noch eine ziemlich unhübsche Szene, aber mal ehrlich: Abends sehen die doch meist verdammt viel besser aus, oder? Außerdem will ich meine Hallen für mich; ich kann morgens sowieso kein Gequatsche ertragen, vor allem kein Weibergequatsche von wegen „Wollen wir uns wieder treffen?“ oder „Oh Tony, du und ich, weißt du, ich glaube …“ nee danke, da wird mir übel. Abends unterwegs läuft das ja immer ganz locker ab, auch die Schnecke von heute war völlig unverkrampft. „Was, du wohnst in einem Loft, oh cool, darf ich das mal sehen?“ Und dann später „Oh wow, da kriegt man ja richtig weiche Knie!“ hauchte die und warf sich mir an den Hals. Was soll man machen? Da sag ich doch nicht nein, oder? Aber wie gesagt, morgens ist dann Schluss mit lustig. Immerhin hat sie ja noch einen Kaffee gekriegt.
Ist schon komisch mit Hausbesuch. Meistens überlasse ich es ja den Ladys, ob was läuft oder nicht. Den großen Eroberer will ich schließlich nicht raushängen, kommt heutzutage auch nicht mehr sonderlich gut.
Nur ganz selten, da werde ich plötzlich schüchtern. Ich weiß, das könnt ihr euch jetzt nicht so gut vorstellen. Aber ganz selten gefällt mir eine. Dann rede ich auf einmal üblen Stuss, fasle was von meiner Asienzeit oder wo man in Berlin gute Lederklamotten herkriegt, echt schlimm. Und dann verschwindet die wieder, nix ist gelaufen und ich sitze da zwischen meinen Riesenwänden.
Aber davon wollte ich gar nicht erzählen, sorry! Bin dann spontan losgefahren, einfach nur raus; erst mit meiner U7, dann Naukölln einfach in die nächste S-Bahn, die so kam. War eine nach Spindlersfeld. Klingt gut, dachte ich. Das wurde auch tatsächlich immer grüner unterwegs, was will Mann mehr? Endstation: raus. Da stand ein Bus rum, okay, nehme ich, dachte ich. Und der fuhr am Schloss Köpenick vorbei, das wollte ich mir näher ansehen! Ich also raus. Und mitten ins tiefste Muttertagsgetümmel, ich habs mir so richtig gegeben! Mal nicht Neukölln. Bierchen am Spreeufer, launige Nachbartische mit Eisbein oder Rieseneisbecher. Spatzen, die auf Beute aus waren. Dann: an der Spree entlang, und da bietet sich doch tatsächlich auch noch ein Ausflugsdampfer an, mich Richtung Heimat zurückzuschippern. Mache ich. Die Muttchen wundern sich etwas über mein schwarzes Outfit, auch egal. Ich starre aufs Wasser und wundere mich über mich selbst.

4 Kommentare zu “Tony 8”

  1. SuMuze
    Mai 14th, 2007 16:40
    1

    Diese Folge ging aber ernsthaft unter die Haut. Der pure Nervenkitzel, ich konnte kaum zu Ende lesen.

  2. Franziska
    Mai 14th, 2007 22:39
    2

    Och, du bist gemein! Nun gönn doch einem finsteren Großstadtcowboy mal ein bisschen Idylle. Und ich hab nicht mal erwähnt, dass einige üble Muttchen wegen ihrer Sitzplätze rumkeiften und den armen gar nicht am Wasser sitzen lassen wollten. Eklig, die! Wo da doch frei war, grummel.

  3. jr
    Mai 25th, 2007 09:54
    3

    Ist der Roman etwa in einer Krise? Hoffentlich nicht! Gruß aus A. an der A.

  4. Franziska
    Mai 25th, 2007 21:40
    4

    Ach, Tony ist bloß gerade verreist oder von Finsterlingen entführt oder mit Liebeskummer im Bett … er lässt einfach nichts von sich hören! Da müssen wir wohl abwarten.