Tränen

(Mir ging ja der Titel „Kindertränen“ durch den Sinn, aber dann fiel mir jene so entsetzlich traurige Geschichte von Ernst von Wildenbruch ein, die man nicht ohne Heulattacken überstehen kann – nein. Das muss denn doch nicht sein.)

Gestern an einer Neuköllner Grundschule: Ein Mädchen, etwa zehn Jahre alt, geht auf mich zu und weint so herzzerreißend, dass ich sie einfach fragen muss, ob ich ihr irgendwie helfen kann. Unter Schluchzern bringt sie endlich hervor, dass sie zu ihrer Freundin bloß gesagt habe, dass sie jetzt ein Kopftuch tragen wolle. Und die hat sie ausgelacht! Und will es jetzt allen erzählen, und dann lachen alle über sie!! Ich bin erschüttert. Das ist eine Gemeinheit! Als ich mit ihr zu der „Freundin“ im Hintergrund gehen will, verdrückt die sich und eine mürrische Erzieherin schickt das weinende Kind ins Klassenzimmer. „Macht das unter euch aus“, ist ihr trockener Kommentar. In mir bleibt ein richtig blödes Gefühl, versagt zu haben. Ich hätte ihr Mut machen sollen, jawohl! Selbst wenn ich nichts mit Kopftüchern anfangen kann, so hat keiner das Recht, eine andere deshalb auszulachen. Es ist ihre Entscheidung! (Danach habe ich sie übrigens auch befragt.) Vielleicht braucht eine junge türkische Muslimin in Neukölln das. Fertigmachen gilt jedenfalls nicht.

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