Archiv für Juli 2007

Tunis 3

Donnerstag, 12. Juli 2007

Gut, denke ich: dann werde ich eben selbst die Welt erkunden. Zunaechst mache ich das Hotel ausfindig, in dem ab morgen die Messe stattfindet: Wow, groesser und schicker und kaelter als erwartet! Eine nette junge Frau zeigt mir den Raum.

Unterwegs kurzer Plausch mit einem Alten, der mir verraet, dass in der Altstadt, in der Medina, ein seltener Berbermarkt stattfindet. Merci! Immer geradeaus, hat er gesagt, und sein Deutsch von vor langer Zeit ist noch richtig gut. So komme ich endlich in die richtige Altstadt! Ein riesiges arabisches Tor laesst mich ein, dann empfangen mich schmale Gaesschen, wunderliche Laeden und eine Marktstrasse voll von Gemuese, Klamotten, Kram und Seltsamkeiten! Dass der eine Haendler etwas dagegen hat, dass ich den aufgehaengten Kuhkopf fotografiere, respektiere ich. Die kleinen Tiere, Schildkroeten, ein Leguan und Kaninchen, darf ich knipsen.
Eigentlich moechte ich ja etwas essen, aber das ist schwierig; nichts laedt mich wirklich ein. Also langsam Heimweg: ein bisschen verlaufe ich mich, der leere Magen ist auch nicht wirklich hilfreich. Da sehe ich im Vorbeigehen eine wunderschoene Eisdiele, halb Eis, halb Konditorei, traumhafte kleine Koestlichkeiten! Ich nehme ein Eis und der nette aeltere Herr neben mir empfiehlt das Nusseis. Er hat Recht, es ist einmalig! Den frage ich dann auch nach meiner Strasse, und reizend wie er ist, geht er mit mir vor die Tuer und erklaert ganz genau, wie ich gehen muss. Nochmal danke. Ein richtiger Gentleman. Gut gelaunt und gestaerkt finde ich zurueck ins Hotel.

Heute Nachmittag: Besuch bei der Uni. Und heute Abend ein erstes Geschaeftstreffen. Bin gespannt!

Tunis 2

Donnerstag, 12. Juli 2007

Ich hatte ja ueberlegt, ob ich mein kleines Tunistagebuch „Tunistrip“ nennen soll – klingt aber zu sehr nach „Indientrip“ à la Siebzigerjahre. Ausserdem koennte man dann ja aus Versehen Tuni-Strip lesen,  nicht gut. Oder „Tunistour“? Aber ich bleibe ja zwei Wochen an einem Fleck, von Tour also keine Spur! Nun ja, ich moechte ja nur ein paar Eindruecke fuer Feunde festhalten, dann muss man hinterher nicht so viel erzaehlen! Also Tunis.

Fruehstueck heute: Ganz ordentlich! Croissant mit Marmelade, Brot und Ei und Tee …
Erst nach einer Weile bemerkte ich, dass die meisten Gaeste um die Ecke verschwanden mit ihren Tellern. Ah, auf die Terrasse! Die einheimischen Gaeste und ich sassen lieber drinnen.
Ubrigens: Gut geschlafen, vorher im Fernsehen noch einen amerikanischen Krimi auf Deutsch genossen.

Heute der erste Blick nach draussen: Sonne und finstere Wolken abwechselnd, dazu Wind und angenehme Temperaturen! Es kann losgehen.

Tunis 1

Mittwoch, 11. Juli 2007

Ich bin angekommen!!! Und endlich darf ich in dieser Hotelhalle mit Hilfe einer voellig versifften, teils unverstaendlichen Tastatur versuchen zu berichten. Nachdem ich etwa fûnfzigtausendmal vergeblich mein Passwort eingeben habe … verdammt, wo ist das A, das Z?? Von Umlauten ganz zu schweigen!

Draussen ruft eine Stimme vom nahen Minarett zum Gebet auf. Es hat etwas Magisches. Die letzten Stunden habe ich die Gegend erkundet; einen Supermarkt gefunden und mich nett mit einem japanischen Studenten unterhalten, der sich genauso wie ich gefreut hat, nicht der einzige Auslaender zu sein. Und japanisch zu sprechen. Ausserdem habe ich Spagetti und Eis gegessen, ein nettes Internetcafé entdeckt, das gerade schliessen wollte. Zwei junge Frauen dort haben mich auf morgen vertroestet.  Witzig uebrigens, dass mich die Frauen hier alle duzen. Es entsteht automatisch eine Art Frauensolidaritaet.

Kurze Unterbrechung: Ein japanisches Paerchen hat gerade eingecheckt und ich habe sie dreisterweise begruesst … frech, aber erfreulich fuer beide Seiten. Sollte ich mich hier in Tunesien als Japanerin outen?

Ach ja, der Flug bzw. die Fluege waren ganz ertraeglich. Alitalia hat ein Stueckchen Kuchen und einen Drink spendiert. Die arabische Grossfamilie, neben der ich in Berlin eingecheckt hatte, blieb mir lange erhalten und ich tauschte immer wieder ein Augenzwinkern mit den Toechtern, die wohl besser Deutsch als Arabisch sprachen. Hier am Flughafen Tunis uebrigens herrschte grosse Heimkehrstimmung: Tunesier aus Kanada, USA, Italien und Deutschland kehren nun heim, um hier den Sommer zu verbringen. Und die Jugendlichen sprechen zum Teil nur Englisch!

Das Abholen hat mit etwas Verzoegerung geklappt, dann aber wurde ich sehr nett ins Hotel gebracht, wo ich mich erstmal aufs Bettchen sinken liess … im Fernsehen lief eine deutsche VOX-Tiersendung und unten brausten die Autos vorbei.

Die Leute hier: nett! Bisher hat mich noch niemand laestig angequatscht, und wenn ich etwas frage, kriege ich hilfreich Antwort! Die Frauen sind selbstbewusst und flott, die Maenner scheinen am liebsten zusammenzuhocken und zu quatschen.

So, das war also mein erster Tag in Tunesien, meine erste Berûhrung mit Afrika!
Ich werde weiter berichten; schon allein weil anrufen zu teuer ist.

Kultureller Höhepunkt

Samstag, 07. Juli 2007

Wenn man einen Zehnjährigen ins Pergamonmuseum schleppt, darf man nicht unbedingt erwarten, dass er für alles Feuer und Flamme ist! Vorbei an riesigen Altären und Toren, knackigen Marmorjünglingen und uralten Schriften schreiten wir zur Sonderausstellung und lassen uns zeigen, wie die Schriften sich im Laufe der Jahrtausende verändert haben und wie man zum Beispiel aus tausenden von chinesischen Schriftzeichen (BaumBaumBaum …) ein Wandbild machen kann … doch für die Jugend ist der Beste auf dem Rückweg zu sehen. Wir gehen noch über einen (ziemlich geschmacklosen) „Nostalgiemarkt“ und erblicken: Gummibärchen. Bunte Bonbons. Colafläschchen, ihr wisst schon, diese Gummiteile. Als 3-D-Bilder, groß, mittel und klein!

Endlich ist auch die Jugend unter elf begeistert. Kaufen tun wir aber nix.

Schmalz und schmelz dahin

Donnerstag, 05. Juli 2007

Es gibt so gewisse Momente, da darf man mich einfach nicht anrufen! Oder ich gehe eben nicht ran, sorry. Wenn zum Beispiel SIE nach langem Hin und Her endlich mit dem geheimnisvollen Unbekannten im Park verabredet ist und ER naht, mit dem sie sich ewig gezofft hatte; und wenn sie ihn dann fassungslos anstarrt und dann flüstert: „Ich hatte gehofft, dass du es bist.“
Dann schmelze ich nur noch dahin und habe keine Ohren oder Augen für den Rest der Welt!

Stuntfrau

Sonntag, 01. Juli 2007

Ich staune ja schon, wenn Sylvester der Held eine steile Bergwand hochklettert, nur in T-Shirt und Jeans, ohne Schutz und Hilfe. Aber noch mehr staune ich, wenn ich in der U-Bahn beobachte, wie diese uralte Frau sich noch lange vor ihrem Halt auf den Weg zur Tür macht, das wilde Gerüttel der Bahn heldenhaft ignorierend. In der einen Hand hält sie die Handtasche fest, in der anderen den Stock, sodass sie keine mehr zum Festhalten frei hat. Im Geiste springe ich schon auf, um sie vom Boden aufzulesen, aber nein, sie schafft es, sie steht endlich an der Tür, wir warten, wir schwanken. Ich allerdings gemütlich sitzend. Ankunft. Sie steigt aus. Ich atme erleichtert auf.
Aber warum nur diese Mühe, ihr Helden?