Andreas 23

Ostermontag saß Andreas in der Küche und pellte sich ein Ei: Ja, ein richtiges, hart gekochtes vom Bäcker nebenan. Einmal im Jahr was Verrücktes machen … rosa mit orange gefärbt.
Zeitsprünge. Darüber musste er noch nachdenken: Was einen guten Krimi noch spannend machte, waren plötzliche Zeitsprünge, Überschriften wie „“23. März 1978“, das erhellte die Einblicke des staunenden Lesers ungemein.
Wo war er eigentlich 1978? Da war er elf Jahre alt gewesen. Ostereier wurden also noch gesucht, wenn auch schon etwas verschämt und mehr, um den gerührt lächelnden Eltern eine Freude zu machen. 1978. Waren da nicht schon all die schlimmen Terroristen gefasst und hinter Schloss und Gittern? Stimmt, als er zehn war, da sprachen die Leute von nichts anderem, und auf einmal war der Spuk vorbei. Komisch.

3. März 1981. Japan. (Ach ja, den Ort musste man auch immer dahinter schreiben. Erleichterte die Zeitreise.) Er war gerade zehn geworden und stolz, heute, am Knabentag, das Geschenk seines Meisters entgegen zu nehmen. Er durfte seinen Festtagskimono tragen, obwohl seine Eltern sich immer etwas darüber amüsierten. Sie verstanden ihn einfach nicht! „Du bist einfach kein Japaner, Enno, daran musst du dich doch gewöhnt haben!“ Aber er würde sich nie daran gewöhnen, nein, tief in seinem Inneren war er japanischer als all die schwarzhaarigen Söhne Nippons um ihn herum!

Puh, schwarzhaarige Söhne Nippons? Klang gar nicht gut, Andreas strich das wieder. Schlitzaugen? Unmöglich. Nachkommen der Samurai? Nein, das betraf ja nur wenige. Zum Überlegen nahm er sich lieber noch ein Schokoladenei, mit Whiskyfüllung. Einmal im Jahr …

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